Straßennamen erzählen die Siedlungsgeschichte
Viele Ottobrunner wollen ihre Straßennamen verstehen. Alphabetisch geordnet findet man sie in vielen Verzeichnissen. Richtig verstehen kann man sie aber erst, wenn man erfährt, warum die Straße gerade an diesem Ort zu ihrem Namen kam. Dazu hilft die Siedlungsgeschichte, die schon vor der Gründung der politischen Gemeinde (1955) beginnt.
Namensgruppen erklären sich aus der Ortsentwicklung
Die Mutter aller Straßen ist die Rosenheimer Landstraße, auf der 1832 König Otto in seiner Kutsche von München nach Griechenland reiste. Das ist die Kreisstraße M 12 (ehemals Staatsstraße St 2078). Sie wird von der Kreisstraße M 22 gekreuzt, die von Putzbrunn nach Unterhaching führt. Die Alte Landstraße ist noch übrig geblieben, als man den Flugplatz Neubiberg (1933) umgehen musste. Eine zweite Kreuzung ergibt sich mit der Ottostraße und dem Ranhazweg.
So erzählen in Ottobrunn die Straßennamen vom Waldbesitz der Unterhachinger Bauern (seit 800), von den Kolonisten, die aus München kamen (1902), von den Ausgebombten und Heimatvertriebenen (1955) - und schließlich fanden sich die Akademiker als Techniker und Industrielle ein.
Quelle: 100 Jahre Siedlungsraum Ottobrunn / Buch
Einige alte Flurnamen sind erhalten
Ranhazweg: | An diesem Rain trafen sich die Treiber für die Sauhatz. |
Bozaunweg: | Müsste heißen Potz-Zaun = Bannzaun zur Verhütung von Wildschäden. |
Haidgraben: | Nach dem Höhenlinienbild handelt es sich vermutlich um eine kleine vorgeschichtliche Schotterrinne in Nordsüd-Richtung, auch durch die Perlacher „Haidt". |
Hochackerstraße: | Hochäcker sind das Ergebnis des Zusammenackerns mit dem Pflug zur Humusanhäufung. |
Ehe für die drei Waldkolonien der gemeinsame Name Ottobrunn amtlich wurde, gab es um das Waldschlößl herum in der Parkkolonie die:
Clemens-Schöps-Straße: | Clemens Schöps (1862-1907), Münchner Baumeister, begründete ab 1902 mit dem Bau des "Waldschlößchens" und weiterer Villen die Siedlung Ottobrunn |
Burgmaierstraße: | Karl Burgmaier, früher Eigentümer des Marxhofes in Unterhaching (verbunden durch den Finsinger Weg) |
Prinz-Otto-Straße: | Wittelsbacher Prinz, König von Griechenland (1815-1867) |
Bürgermeister-Wild-Straße: | Anton Wild (1896-1968) aus München, 1. Bürgermeister der neuen Gemeinde Ottobrunn von 1955 bis 1962 (früher Parkstraße) |
Beiserstraße: | Franz Beiser (1870-1942), Bürgermeister von Unterhaching von 1905 bis 1919, stiftete das Grundstück zum Bau der ersten Kirche (St. Otto 1932) |
Hans-Kreß-Straße: | Hans Kreß (1868-1950), Bauunternehmer, einer der ersten Siedler, Gründungsmitglied der Feuerwehr und Stifter des Feldkreuzes an der Unterhachinger Straße |
Karl-Mager-Weg: | Karl Mager, stellvertretender Bürgermeister von 1960 bis 1966, gründete den Sportverein TSV (1949); der Weg führt von den Sportstätten nach Unterhaching |
Pfarrer-Krempl-Weg: | Ludwig Krempl (1911-1969), Pfarrer in St. Otto von 1951 bis 1969 |
Kathi-Weidner-Weg: | Katharina Weidner (1912-1999), Mesnerin in St. Otto von 1928 bis 1995 |
Jägerweg: | dort stand einmal ein Jägerhäusl von Eduard Klas |
Maria-Schreiner-Weg: | Maria Schreiner, erste Lehrerin an der Waldschule von 1924 bis1959 |
Feld-, Gras-, Garten-, Promenade- und Friedenstraße: | erinnern an die einstige Parkkolonie |
Bahnhofstraße: | führte damals zum Bahnhof Neubiberg |
Die Ottokolonie erkennt man noch an den Namen aus Wald und Jagd.
Dianastraße: | Göttin der Jagd |
Nimrodstraße: | sagenhafter "Großer Jäger" im Sternbild Orion |
Hubertusstraße: | Schutzpatron der Jäger |
Waldhornstraße: | Blasinstrument für Jagdsignale |
Schützenstraße: | gehört zum Jagdensemble |
Eichendorffstraße: | Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857), Dichter |
Pestalozzistraße: | Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827), Erzieher und Sozialreformer |
Karl-Birzer-Straße: | Karl Birzer (1861-1937), Tochter Katharina stiftete den Grund der anliegenden Gündfläche |
Seebauerstraße: | Seebauer, Eigentümer einiger Waldparzellen hier |
Friedrich-Ebert-Platz: | Friedrich Ebert (1871-1925), erster deutscher Reichspräsident von 1919 bis 1925 (Friedrich-Ebert Platz mit Denkmal) |
Der dritte damalige Ortsteil war die Kolonie Ottohain in der Bahnhofsgegend:
Karl-Stieler-Straße: | Karl Stieler aus München (1842-1885), bayerischer Dialektdichter |
Ludwig-Thoma-Straße: | Ludwig Thoma aus Oberammergau (1867-1921), Satiriker |
Karl-Valentin-Weg: | Karl Valentin aus München (1882-1948), bayerischer Komiker |
Rosegger-Straße: | Peter Rosegger aus der Steiermark (1843-1918), Volksschriftsteller |
Friedrich-Rückert-Straße: | Friedrich Rückert aus Schweinfurt (1788-1866), Dichter und Übersetzer |
Im Jahr 1926 baute sich Ermanno Wolf-Ferrari eine Villa in der Mozartstraße (heutiges Haus der Senioren). Ihm zu Ehren erhielten dann die nahe gelegenen Straßen Musikernamen: Beethoven, Bruckner, Bach, Händel, Haydn, Richard Wagner, Johann Strauß, Max Reger, Franz Liszt, von Gluck, Lehar und nicht zuletzt Wolf-Ferrari.
Wolf-Ferrari-Weg: Ermanno Wolf-Ferrari aus Venedig (1876-1948), lebte von 1915 bis 1931 im Raum Ottobrunn
Ermanno Wolf-Ferrari wünschte sich in der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des Siedlungsraums Ottobrunn den Ort als Gartenstadt mit "mehr Blumen und jungen Laubbäumen". Mit den Straßen- und Wegenamen kam man diesem Wunsch nach:
Alpenrosen, Almenrausch, Aurikel, Arnika, Enzian, Edelweiß, Rotdorn, Flieder, Holunder, Hasel, Wacholder, Latschen, Farn, Ginster, Salbei, Ulmen, Ahorn, Linden, Kiefern, Kastanien, Akazien, Eschen, Zirbeln und Eiben.
In der Siedlung an der Gottfried-Keller-Straße (1949), Josef-Seliger-Siedlung (1952) und Heimkehrer-Siedlung an der Jahnstraße gibt es folgende Straßen:
Josef-Seliger-Straße: | Josef Seliger (1870-1920), Sudetendeutscher Politiker |
Gottfried-Keller-Straße: | Sollte eine Paul-Keller-Straße werden: Paul Keller aus Arndorf (1873-1932), Schlesischer Schriftsteller; Gottfried Keller aus Zürich (1819-1890), Dichter |
Hans-Watzlik-Straße: | Hans Watzlik aus Südböhmen (1879-1948), sudetendeutscher Schriftsteller |
Anton-Günther-Straße: | Anton Günther aus Gottesgab (1875-1937), Böhmischer Mundartdichter |
Theodor-Körner-Straße: | Theodor Körner aus Dresden (1791-1813), Freiheitsdichter |
Adalbert-Stifter-Straße: | Adalbert Stifter aus Böhmerwald (1805-1868), Dichter und Maler |
Hermann-Löns-Straße: | Hermann Löns aus Kulm (1866-1914), Dichter der niedersächsischen Heide |
Uhlandstraße: | Ludwig Uhland aus Tübingen (1787-1862), Dichter und Germanist |
Grillparzerstraße: | Franz Grillparzer aus Wien (1791-1872), Dichter |
Kantstraße: | Immanuel Kant aus Königsberg (1724-1804), Philosoph |
Kleiststraße: | Heinrich von Kleist aus Frankfurt an der Oder (1777-1811), Dichter |
Goethestraße: | Johann Wolfgang von Goethe aus Frankfurt am Main (1749-1832), Dichter |
Schillerstraße: | Friedrich Schiller aus Marbach (1759-1805), Dichter |
Hans-Sachs-Straße: | Hans Sachs aus Nürnberg (1494-1576), Dichter |
Ganghoferstraße: | Ludwig Ganghofer aus Kaufbeuren (1855-1929), Volksschriftsteller |
Wilhelm-Busch-Straße: | Wilhelm Busch aus Hannover (1832-1908), Zeichner und Dichter |
Gustav-Freytag-Straße: | Gustav Freytag aus Schlesien (1816-1895), Kulturhistoriker und Schriftsteller |
Es folgten 1959 die Siedlung an der Lenbachallee für die Angehörigen der Bundeswehr und 1961 der Sozialwohnungsbau östlich der Spitzwegstraße.
Hier kamen berühmte Maler zu Ehren:
Lenbachallee: | Franz von Lenbach aus Schrobenhausen (1836-1904), Bildnismaler |
Rubensstraße: | Peter Paul Rubens aus Siegen (1577-1640), Maler flämischer Herkunft |
Rembrandtstraße: | Rembrandt van Rijn aus Leiden (1605-1669), holländischer Maler |
Van-Gogh-Straße: | Vincent van Gogh aus Brabant (1853-1890), holländischer Maler |
Riemenschneiderstraße: | Tilman Riemenschneider aus Heiligenstadt (1460-1531), Bildhauer |
Spitzwegstraße: | Franz Carl Spitzweg aus München (1808-1885), Maler des Biedermeier |
Defreggerstraße: | Franz Defregger (1835-1912), Tiroler Maler |
Kobellweg: | Malerfamilie aus München um 1800 |
Kaulbachstraße: | Malerfamilie aus München um 1900 |
Robert-Hetz-Weg: | Robert Hetz (1920-1987), Maler und Fotograf, engagierter Kulturförderer in Ottobrunn |
Mit der Siedlung an der Zaunkönigstraße wurde das bereits vorhandene Ensemble heimischer Vögel erweitert. Mit der Bebauung des ehemaligen „Gräsa-Geländes" (Baustofffirma, benannt nach den Eigentümern Gräwert und Sackmann) kamen 1983 weitere Vogelstraßen dazu:
Amsel, Drossel, Fink und Star, Grasmücken, Meisen, Spatzen, Schwalben, Stieglitz, Zaunkönig und Zeisig, Rotkehlchen, Raben, Eulen, Käuzchen, Habicht und Falken.
Bei den Sportstätten findet man ein Wohnviertel, dessen Straßennamen wieder an die verlorene Heimat erinnern: Ostpreußen, Pommern, Masuren und Memel, an Elbe, Oder und Neiße, die Sudeten, Eger- (land) und Osser (Berg im Böhmerwald, 1.293 m hoch). Es ergänzen die heimatlichen Flüsse: Isar, Amper, Inn, Leizach und Mangfall.
In den 70er Jahren baute man 1.200 Wohnungen an der Ottosäule. Eine neue Schule (Schule III, Grundschule an der Albert-Schweitzer-Straße) und eine neue Kirche (St. Albertus Magnus) gehörten dazu. In diesem Quartier wurden die Namen aus Naturwissenschaft und Technik verwendet:
Albertus-Magnus-Weg: | Albertus Magnus aus Lauingen (1193-1280), Theologe, Gelehrter, Naturwissenschaftler |
Albert-Schweitzer-Straße: | Albert Schweitzer aus Kaysersberg im Oberelsass (1875-1965), Theologe, "Urwalddoktor", Nobelpreis 1952 |
Robert-Koch-Straße: | Robert Koch aus Clausthal (1843-1910), Bakteriologe, Nobelpreis 1905 |
Einsteinstraße: | Albert Einstein aus Ulm (1879-1955), Physiker, Nobelpreis 1921 |
Röntgenstraße: | Wilhelm Conrad Röntgen aus Lennep, heute Stadtteil von Remscheid (1845-1923), Physiker, Nobelpreis 1901 |
Virchowstraße: | Rudolf Virchow aus Schivelbein, Provinz Pommern (1821-1902), Pathologe |
Sauerbruchweg: | Ernst Ferdinand Sauerbruch aus Berlin (1875-1951), Chirurg |
Liebigweg: | Justus von Liebig aus Darmstadt (1803-1873), Chemiker |
Pettenkoferweg: | Max Josef von Pettenkofer aus Lichtenheim bei Neuburg/Donau; (1818-1901), Hygieniker |
Bunsenweg: | Robert Wilhelm Bunsen aus Göttingen (1811-1899), Chemiker |
Valierweg: | Max Valier aus Bozen (1895-1930), Ingenieur und Schriftsteller |
Daimlerstraße: | Gottlieb Wilhelm Daimler aus Schorndorf (1834-1900), Ingenieur, schuf das erste Automobil |
Benzstraße: | Carl Friedrich Benz aus Mühlburg, heute Stadtteil von Karlsruhe (1844 - 1929), Erfinder des Benzinmotors |
Siemensstraße: | Werner von Siemens in Lenthe, heute Gehrden (1816-1892), Erfindungen in Elektrotechnik |
Resselweg: | Josef Ressel aus Chrudim/Böhmen (1793-1857), Erfinder der Schiffsschraube |
Leibnizstraße: | Gottfried Wilhelm Leibniz aus Leipzig (1646-1716), Philosoph |
Schließlich wurde in den 80er Jahren die letzte große Baulücke geschlossen mit dem "Regierungssitz" in der Ortsmitte: Dort erinnern einige Straßennamen an die Partnergemeinden Nafplio (altgriechisch "Nauplia") und Margreid:
Naupliaallee: | Otto I. landete 1833 in Nauplia (Ottobrunns griechische Partnergemeinde seit 1978) |
Denkmalplatz: | Hier steht das Denkmal des griechischen Freiheitskämpfers Plaputas (1776-1864) |
Margreider Platz: | Partnergemeinde in Südtirol (Patenschaft seit 1972, Partnerschaft seit 1997) |
Anton-Ripfel-Weg: | Anton Ripfel, Steinhauermeister aus München, hat 1833/34 die Ottosäule geplant und errichtet |
Eduard-Klas-Weg: | Eduard Klas (1896-1963), Pächter der Baronin von Stengel, Mitbegründer der Freiwilligen-Kolonisten-Feuerwehr (1914) |
Über den Brennerpass führt der Weg ins Etschtal nach Bozen und Meran. An diese Städte erinnert die Bezeichnung "Unter den Lauben".
Schlernweg: | Schlern, Bergstock über der Seiser Alm |
Fennbergweg: | Fennberg bei Margreid |
Aventinusweg: | Johannes Aventinus aus Abensberg (1477-1534), schrieb 1519 die "Bayerische Chronik" |
Laurinweg: | Laurin, Zwergkönig und Hüter des Rosengartens |
Nicht spezifisch einzuordnen sind:
Am Brunneck: | Wohl benannt nach einem bereits in der Planung eines Neubaugebiets vorgesehenen Brunnen. |
Dunantstraße: | Henry Dunant aus Genf (1828-1910), Philantrop, Gründer des Roten Kreuzes, Nobelpreis 1901 |
Gutenbergstraße: | Johannes Gutenberg aus Mainz (1400-1468), Erfinder des Buchdrucks |
Horst-Bienek-Weg: | Horst Bienek aus Gleiwitz/Oberschlesien (1930-1990), Schriftsteller, seit 1972 in Ottobrunn |
Dr.-Klaus-Kopfermann-Weg: | Klaus Kopfermann (1915-2001), Enkel des Flugpioniers Otto Lilienthal; holte die Firma Bölkow 1958 von Stuttgart nach Ottobrunn |
Hans-Kandler-Weg: | Hans Kandler, erster Lehrer an der Waldschule |
Sebastian-Pöttinger-Weg: | Sebastian Pöttinger (1909-1998), Ottobrunner Bauunternehmer; baute u.a. das Gymnasium, die Kirche St. Magdalena und die Michaelskirche |
Dr.-Otto-Bößner-Weg: | Dr. Otto Bößner (1915-1998), Mitbegründer Ottobrunns, stellvertretender Bürgermeister, Arzt |
Pfarrer-Siebenhärl-Weg: | Pfarrer Alexander Siebenhärl (Initiator der Kirchengründung St. Magdalena und des Kindergartens an der Hermann-Löns-Straße) |
Billy-Bermanseder-Weg: | Billy Bermanseder (1944-2015), langjähriger Sportpark-Mitarbeiter, Fußballer-Legende des TSV Ottobrunn |